Unser neuer westfälischer Kollege: Dr. Karsten Dittmann
Mit vielleicht neun oder zehn Jahren durfte ich mal einen ganzen Vormittag in einem grauen Bulli sitzen und zwei Polizisten bei der Arbeit zuschauen. Sie hatten an einer gefährlichen Stelle, wo viele Autofahrer zu schnell in einen Ort hineinfuhren, einen „Blitzer“ aufgebaut, gleich hinter einem Zebrastreifen. Einem der Beamten durfte ich über die Schulter schauen, als er den Film in dem „Starenkasten“ gewechselt hat. Spannend war auch, dass einige Autofahrer angehalten wurden: Am anderen Ortseingang stand nämlich auch ein Blitzer, und über Funk wurde Bescheid gesagt, wenn jemand sehr schnell gefahren war oder es andere Auffälligkeiten gab. Das ist fast 50 Jahre her, aber die Erinnerung an den Tag hat sich tief eingeprägt. Mein Vater hatte mir dieses interessante „Praktikum“ ermöglicht, weil ich mich damals sehr für die Polizeiarbeit interessierte.
Liegt dieses Interesse ein wenig in den Genen? Das ist wohl eher zweifelhaft. Allerdings waren meine beiden Söhne auch früh an der Polizeiarbeit interessiert und sie haben tatsächlich diesen Weg eingeschlagen. Ich dagegen bin einer anderen Neigung gefolgt und habe Theologie und Philosophie studiert. Ich bin Pfarrer geworden, habe aber auch in Philosophie promoviert. Nach dem Vikariat in Lippstadt und dem Entsendungsdienst in Soest war ich zwölf Jahre lang Pfarrer in Beckum. Mein Vorgänger dort, Friedrich Vogelpohl, dürfte einigen in der Polizeiseelsorge bekannt sein. Vor vier Jahren habe ich eine Gemeindepfarrstelle in Münster übernommen.
Dass meine Söhne bei der Polizei sind – der eine schon Polizeikommissar, der andere noch Anwärter – hatte vielleicht Einfluss darauf, dass mir eine ausgeschriebene Pfarrstelle im kirchlichen Dienst der Polizei genauer angesehen habe: Ethik an der DHPol unterrichten und im Zentrum für ethische Bildung und Seelsorge in Selm mitwirken, das hörte sich sehr interessant an. Ethik war sowohl in der Theologie als auch in der Philosophie ein Studienschwerpunkt. In dem Bereich habe ich auch meine Dissertation geschrieben. Mit dem Wechsel in der Pfarrdienst hat sich mein Focus zwar in Richtung Homiletik verschoben, aber ganz losgelassen hat mich das vielfältige Feld der Ethik natürlich nie.
Nach 20 Jahren Gemeindepfarramt bot sich mit der ausgeschriebenen Stelle die Chance, noch einmal etwas ganz anderes zu machen. Ich habe mich beworben. Die Berufungskommission hat sich für mich entschieden. Am 1. August habe ich die Stelle als Landespfarrer im kirchlichen Dienst der Polizei angetreten. Mit der einen Stellenhälfte bin ich Lehrbeauftragter der EKD für Ethik im Polizeiberuf an der DHPol in Münster-Hiltrup. Die andere Stellenhälfte bedeutet, im Zentrum für ethische Bildung und Seelsorge (ZeBuS) am LAFP in Selm-Bork mitzuarbeiten.
Geboren bin ich 1967 in Braunschweig, aufgewachsen in Warburg. Nach dem Zivildienst in Marburg habe ich dort auch studiert. Ich bin verheiratet, Vater zweier schon erwähnter Söhne und bereits zweifacher Großvater. Meine Interessen sind recht vielfältig. Manchmal überschneiden sich dabei berufliche und private Dinge. So beschäftige ich mich mit Kreativem Schreiben und verbinde dies mit meinem Interesse an Homiletik. Das werde ich mit dem neuen Aufgabengebiet sicher nicht einfach ablegen. Ich laufe viel und gerne, spiele mehr schlecht als recht das japanische Brettspiel Go und habe eine Leidenschaft für Bücher, Kunst und Kino. Ich höre gern v.a. Jazz in seiner ganzen Breite und mache auch selbst ein wenig Musik.
Es ist ein großes Geschenk, mich noch einmal intensiv mit ethischen Fragestellungen befassen zu dürfen. Im universitären Bereich geschieht das oft in „großer Flughöhe“. Das ermöglicht einen weiten Blick, aber die lebensweltlichen Details verschwimmen oft. Die Flughöhe ist jetzt niedriger. Die Fragen werden konkreter, die Problemstellungen deutlicher sichtbar. Am Anfang wird eine intensive Einarbeitung erforderlich sein, auch durch Hospitationen. Sicher werden diese noch eindrücklicher, als einen Vormittag im grauen Bulli zu sitzen. Ich freue mich darauf – und auch darauf, viele neue Kolleginnen und Kollegen kennenzulernen.