Kirchentage 2013

Soviel du (an Gewalt) brauchst…

Viele Menschen schieben sich durch die Gänge des Marktes der Möglichkeiten mit seinen hunderten von Ständen.

 

Ihre Augen bleibt hängen an einem Blaulicht und dem Banner „Der Gewalt Grenzen setzen“ – Blickfänger für den einladenden und offen gestalteten Stand der Evangelischen Polizeiseelsorge. Viele sind interessiert, fragen nach, lassen sich einladen zu einem Kurzfilm an vier PC-Plätzen, der fünf Einsatzsituationen zeigt. Frage: „Würden Sie als Polizist/in das auch machen?“ – eine Geschwindigkeitsüberschreitung ahnden, einen Mann bei häuslicher Gewalt in Handfesseln aus der Wohnung entfernen, eine rechte Demo schützen, bei einer gewaltsam verlaufenden Demo den Einsatz von Wasserwerfern anordnen, auf einen Menschen schießen, der Sie mit der Waffe bedroht?

Besonders die letzten drei Situationen führten zu Diskussionen zwischen Besuchern und Besucherinnen aller Altersgruppen und den ca. 30 Polizistinnen und Polizisten und Polizeipfarrerinnen und -pfarrern aus vielen Bundesländern, die im Schichtdienst von Donnerstag bis Samstag Rede und Antwort standen. Aus NRW waren Anja Daniel, Jochen Wahl, Werner Schiewek und Folkhard Werth mit nach Hamburg gefahren. Natürlich kam auch der bereichernde Austausch zwischen den Kolleginnen und Kollegen „länderübergreifend“ vor und nach den Standzeiten nicht zu kurz, zumal viele sich noch vom letzten Kirchentag kannten.

Einer der Eröffnungsgottesdienste fand auf dem Kiez statt – ein besonderes und zwiespältiges Erlebnis in dieser eigenen kleinen Welt mit ihren ganzen (kriminellen) Schatten einerseits, die doch andererseits dem ein und anderen Gestrandeten Nestwärme gibt.

Ein Höhepunkt des Kirchentages war sicherlich der Polizeiseelsorge-Gottesdienst am Freitagnachmittag in der Hauptkirche St. Jacobi. Das großartig spielende Hamburger Polizeiorchester, der die Lachmuskeln strapazierende „Ordnungshüter Holm“ alias Dirk Bielefeldt, ein nachdenklich machendes Anspiel eines Bereitschaftspolizisten und einer Clownin sowie die Predigt von Polizeipfarrer Frank Rutkowsky zum Thema „Ordnung und Freiheit“ sorgten für einen Gottesdienst, in dem Freiheit als Bereicherung ordentlicher Strukturen greifbar gemacht wurde, wenn sie den Menschen als Maß aller Dinge im Blick behält (die Predigt finden Sie hier).

Als dann vor dem Segen Besucherinnen und Besucher zwischen den Kirchenbänken spontan Walzer tanzten, wurden christliche Freiheit und Lebensfreude sogar körperlich spürbar und fühlbar.

 

Von diesem Kirchentag werde ich noch lange zehren, und ich sag´ mal so: Stuttgart 2015 wartet schon. Auf Wiedersehen dort!

Folkhard Werth, Landespolizeipfarrer der EKiR